Zufall des Monats
Wie schon in den beiden letzten Monaten gebe ich Euch hier gerne wieder ein paar Einblicke in die Entstehung einer meiner Arbeiten.
Titel, Ort, Aufnahmezeitpunkt
GYM
Amsterdam, 2013
Sub Genre
Minimalistische Straßenfotografie, “Negative Space”, Architektur und Mensch
Idee
Im Oktober 2013 war ich geschäftlich in Amsterdam. Auf meinem abendlichen Spaziergang vom Restaurant zurück zum Hotel, kam ich am Stedelijk Museum, dem Museum für moderne Kunst in Amsterdam vorbei.
Als ich auf das Gebäude zulief, fiel mir sofort das ovale Fenster in der riesigen Fassade auf. Ich dachte, wie cool es wohl wäre, wenn da jemand drin sitzen würde. Kaum gedacht, schon passierte es. Eine junge Frau setzte sich auf die Fensterbank. Genau genommen sah es so aus, als würde sich die Frau rückwärts auf eine etwas zu hohe Mauer stemmen. Ich beeilte mich näher zu kommen, zückte die Kamera und löste aus … kaum hatte ich ausgelöst, war die Frau auch schon wieder verschwunden. Und – oh nein – ich hatte die falsche Brennweite auf meiner Kamera, so dass viel zu viel auf dem Foto drauf war …
… denn wer mich und meine Arbeiten kennt, weiß, dass ich es gerne mit Andreas Feininger halte … getreu dem Motto
“Auf den meisten Bildern ist zu viel drauf”
Aber – wo sich einmal jemand hinsetzt, setzt sich ja vielleicht nochmal jemand hin. So dachte ich, wechselte schnell mein Objektiv und wartete. Und ich sollte recht behalten. Keine zwei Minuten sollte es dauern, bis sich die junge Frau wieder auf die Fensterbank setzte. Dieses mal sollte es klappen. Die Brennweite passte. Und zack … oder besser KLICK … das Bild war im Kasten. Das war auch gut so, denn die Frau war auch schon wieder verschwunden. Ein schneller Qualitätscheck auf dem Display war leider enttäuschend. Die Brennweite passte zwar, aber dieses mal saß der Fokus nicht so richtig und die Bewegungsunschärfe gefiel mir nicht so richtig.
Also entschloss ich noch ein weiteres mal zu warten. Ich erinnere mich, dass es ein kalter Oktoberabend war. Einer der Abende an denen die Finger gefühlt bereits nach wenigen Minuten absterben, wenn man die Kamera ohne Handschuhe im Anschlag hält. Dieses mal dauerte es auch eine gefühlte Ewigkeit, bevor sich im Fenster wieder etwas regte. Nach circa 10 Minuten wurde mein Wunsch ans Universum erhört. Die junge Frau setzte sich erneut auf die Fensterbank und begann sich zu rekeln. Nach ein paar Auslösungen und positivem Qualitätscheck wackelte ich zufrieden weiter zu meinem Hotel.
Bildgestaltung
Beim Aufbau des Bildes habe ich erneut die Drittelregel genutzt, um den Fokus des Betrachters auf das Hauptmotiv zu lenken.
Das Motiv funktioniert sehr gut in schwarzweiß. Die Farbvariante gefällt mir in diesem Fall nicht. Sie bringt auch keinen zusätzlichen Mehrwert oder weitere Informationen. Deshalb gibt es dieses Bild auch nur in der schwarzweiß Version.
Nachbearbeitung
Belichtungskorrektur, Weißabgleich, Schwarzweiß-Konvertierung. Das war’s. Ach ja – zu guter letzt habe ich das 4:3 Format noch auf ein 3:2 Format zugeschnitten. Dadurch wirkt das Verhältnis der “negativ space” (die hellgraue Fläche, ohne wesentlichen Inhalt) zum Hauptmotiv (das Fenster mit der Person) deutlich ausgewogener.
Jäger oder Angler?
Nachdem ich das Motiv zunächst in guter Jägermanier schießen wollte, wurde ich dann doch noch zum Angler, da mein erster Schuss auf der Jagd nicht so erfolgreich war, wie ich es mir gewünscht hätte.
Technik
Wie man sieht, spielt die Technik am Ende des Tages doch eine Rolle. Im konkreten Fall die Brennweite. Mit der ursprünglichen Brennweite von 17 mm (Kleinbildäquivalent: 34 mm) hätte ich keine Chance gehabt dieses Bild zu machen. Zum einen konnte ich nicht näher an das Motiv ran, zum anderen hätte bei einem Ausschnitt die Bildqualität so sehr gelitten, dass keine Vergrößerungen in guter Qualität möglich wären.
Kamera: Olympus E-M5
Objektiv: Olympus M.45mm F1.8
Brennweite: 45 mm
Blende: 1,8
Verschlusszeit: 1/100 Sek
ISO: 2500
Publikationen & Auszeichnungen (Auszug)
- STEET – Das deutsche Straßenfotografie Magazin (heute: Soul of Street) #01
- Creative Contemporary Artists Vol 2, 2015
- World Street Photography Book 2015
- We Street 2016 – Street Photography from arround the Globe
- BiG CiTY LiFE 2020
Das Bild an der Wand
Bei diesem Bild handelt es sich um eine Visualisierung, um zu verdeutlichen, wie das Motiv an der Wand wirken könnte …
Aktuell sofort verfügbar ist es im Format 60 x 40 cm als Pigmentprint, regional produziert von Carsten Riffel, piCta in Flörsheim. Details und weitere Ausführungen und Formate gibts in meinem Shop.
Architektur
Das Museumsgebäude wurde von Adriaan Willem Weissman im Stil der Neo-Renaissance entworfen. Das Stedelijk Museum wurde dann nach Entwürfen von Benthem Crouwel Architekten umgebaut. Die ersten Ausstellung im renovierten, aber noch nicht fertiggestellten historischen Gebäudeteil wurde im März 2011 eröffnet. Die Wiedereröffnung des fertig gestellten Museums fand im September 2012 durch die niederländische Königin Beatrix statt.